Von Thomas Austermann
Niemand konnte ahnen, dass der von der Pandemie erzwungene Abbruch des Australien-Aufenthaltes auch etwas Gutes hatte. Rückblickend kann Anton Mand, der 21-jährige Innenverteidiger des 1. FC Gievenbeck und echtes Eigengewächs der 49er, das so sehen. Im April 2020 dachte er ganz anders über die plötzlich geplatzten Pläne in Down Under. Nach dem Abi 2019 am Stein-Gymnasium war dem A-Juniorenspieler danach, „mal richtig raus zu kommen und alleine zu reisen.“ Das Ziel vieler junger Leute war auch seins, Australien hat ja was. Die Work-and-Travel-Erlaubnis im Gepäck, das begehrte „Working Holiday Visa“, reiste er im Januar 2020 los. „Meinen Plan, zuerst im Land zu reisen und danach zu arbeiten, hab‘ ich sozusagen nur zur Hälfte umgesetzt.“ Etwas Geld hatte er gespart, um sich das wochenlange Umherfahren leisten zu können. „Und ich habe wirklich viel gesehen!“ Dann kam Corona und der jähe Stopp. Australien machte dicht, Mand durfte nicht mehr bleiben – wobei er alleine über die Probleme bei der Ausreise lange erzählen könnte.
Bei seinem Club, bei dem er sich schon 2005 anmeldete, waren die Kaderplanungen für das erste Jahr unter Trainer Florian Reckels abgeschlossen. Eigentlich. „Ich bin als sechster U-19-Spieler aufgenommen worden – dafür war ich sehr dankbar“, sagt Mand, der wie Louis Martin, Peter Stüve, Paul Schudzich, Fynn Rottmann und Michel Schrick hochrückte. Diese Chance wäre womöglich dahin gewesen, wenn er länger in Australien geblieben wäre. Und er nahm schneller als gedacht sein Studium auf. Das wird wegweisend. Irgendwas mit Sport sollte es sein. Seine Mutter entdeckte im Angebot der WWU Münster den englisch- sprachigen Studiengang „Human Movement in Sports and Exercise (HuMSE)“. Anton Mand stürzte sich da rein und sagt heute: „Genau mein Ding!“ Englisch und Bio hatte er als Leistungskurse, eine Portion Grundwissen war also vorhanden für das enorm breite Spektrum dieses Fachs, dem sich am Institut für Sportwissenschaft eine noch über- schaubare Menge an jungen Menschen widmet. „Tatsächlich kann ich vieles von dem, was wir lernen, auch für mich selbst anwenden.“ Wer hier den Bachelor of Science erwerben will, setzt sich im sehr forschungsorientierten Studiengang mit der Analyse der „menschlichen Bewegung und sportlich-körperlicher Aktivität in unterschiedlichen Settings“ auseinander. Und qualifiziert sich „für Tätigkeitsfelder, in denen die Erforschung der menschlichen Bewegung, der körperlichen Aktivität und Leistungsfähigkeit von Bedeutung ist.“ Zum Beispiel im Fußball-Leistungssport. Proficlubs sind ganz erpicht darauf, wissenschaftlich bestens im Bilde zu sein. Um Daten zu erhalten, die der Trainingssteuerung dienen. Mand und die Kommilitonen lernen, Forschungsergebnisse einzuordnen, zu erläutern und anwendungsbezogen umzusetzen.
Das Praxissemester ist Pflicht, wes- halb es den zum Stammspieler avancierten Mand Ende September und für bis zu vier Monate nach England zieht. Beim Drittligisten Plymouth Argyle Football Club wird er im Bereich Performance-Analyse das ihm vorgeschriebene Zeitkontingent ableisten. „Ich denke, das bringt mir echt was – der Sprache wegen und weil im Mutterland des Fußballs viele Vereine auf starke wissenschaftliche Begleitung Wert legen.“ Vor allem die Großclubs stellen einen Teil selbst ihrer Junioren-Ausbildung unter Beobachtung von Experten. Mand weiß, dass er in der Hafenstadt im Südwesten Englands eingebunden wird in umfangreiche Tests, etwa zur Herzfrequenz unter Belastung, und dass er objektive wie subjektive Daten sammelt. „Es wird zum Beispiel auch jeder Spieler gefragt, wie anstrengend er das Training empfunden hat.“
Derzeit ist er eingebunden in ein Projekt bei den U-19- und U-17-Bundesligajunioren des SC Preußen, die nach Laktattests Laufempfehlungen erhalten. „Das Know-how hab‘ ich auch dazu genutzt, mir selbst einen Plan zu schreiben.“ Denn fit sein will er bei Rückkehr zur FCG-Ersten, für die er im Premierenjahr 20/21 nur drei von sieben möglichen Partien machte. Auch wieder pandemiebedingt erfolgte der Abbruch der Spielzeit. „Unser Aufstiegsjahr war gefühlt mein erstes Seniorenjahr“, wertet Mand, der 21/22 in 29 Partien dabei war, meistens im defensiven Mittelfeld. Mit sechs Toren war er dritterfolgreichster Kicker diese Kategorie hinter Christian Keil und Guglielmo Maddente. Nun steht er in der Abwehr seinen Part und das sehenswert. „Als U-13- und U-15-Spieler war ich vorne unterwegs“, erinnert sich der jetzt 1,90 m große Mand an Torjägerkronen bei Stadtmeisterschaften dieser Altersklassen. Als A-Junior aber rückte er bereits nach hinten in die Kette und macht seinen Job nun vorne wie hinten tadellos.
Foto: Markus Paletta
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