von Thomas Austermann
Bis der kleine Parcours auf dem schmalen Rechteck des Kunstrasens der UKM-Arena steht, muss Allan Seferovic (Foto) eine gute halbe Stunde einplanen. Der 27 Jahre alte Athletiktrainer des Oberligisten platziert Hütchen, Markierungen mit Bändern, kleine Hürden und Freistoß-Dummies nach Plan. Die „Aktivierungseinheit“ hat damit ihren Rahmen. Dessen Inhalt hat er „zu 90 Prozent“ selbst entworfen und durch Fortbildungen zum Kraft- und Fitnesscoach beim DOSB sowie zum Fußballathletikcoach an der IST-Hochschule angeeignet. So ganz nebenbei. Hauptsächlich widmet er sich dem Sek-II-Lehramtsstudium und fertigt gerade seine Masterarbeit an.
Wer sich so dermaßen engagiert, muss Freude an dieser diffizilen Tätigkeit haben, die auch im gehobenen Amateursport angesichts der athletischen Belastungen dort unverzichtbar geworden ist und eine Grundlage für gewünschte sportliche Fitness darstellt. „Ich muss und will gesunde Spieler übergeben“, sagt der ehrgeizige Seferovic, dessen Leidenschaft in jedem Satz, den er spricht, zu spüren ist. „Es macht großen Spaß, mitzuerleben und da- ran mitzuwirken, wie stark sich hier in Gievenbeck vieles in Richtung Professionalisierung entwickelt. Wir haben einen enormen Sprung gemacht.“
Er kann das beurteilen. Der in Frankfurt/Main Geborene hat als Juniorenspieler acht Jahre im Nachwuchsleistungszentrum des FSV Frankfurt verbracht. Nach dem Wehrdienst kam er des Studiums wegen nach Münster. Und 2018 zum FCG, als Kicker der B-Liga-Dritten zu- nächst. „Alle meine Freunde hab‘ ich hier im Club kennengelernt.“ Seferovic sprang intern hoch bis in die Erste. Fünf Westfalenligaspiele stehen in seiner Vita. Auch wenn sich sein Schwerpunkt verlagerte – in der Kreisliga-A-Zweiten ist der 1,90-m- Mann noch immer am Ball. Außen bringt er Tempo ein. Und hat Spaß daran, sich in Form zu halten: „Ich verpasse kaum eine Einheit.“ Mithin ist sein wöchentliches Programm geklärt. Man findet ihn im Schnitt an fünf Abenden am Platz.
Zweimal pro Woche gibt es für die Erste eine dem Teamtraining vorgeschaltete Einheit. Und alle zwei Wochen eine ganz spezielle. Nach dem Training. Und die hat es in sich. Insider nennen sie „HIT“-Einheit, das steht für „hochintensives Intervalltraining“ etwa durch variierende Sprintübungen in kurzer Zeit und zielt am Ende darauf ab, auch in der 90. Minute noch ganz schnell nach vorne oder hinten ackern zu können.
Regulär steigt am Dienstag, der „so kurz nach dem Sonntagspiel kein Belastungstag ist“ (Seferovic), eine etwas ruhigere Einheit. Die Kicker werden in den Bereichen Mobilität, Stabilität und Muskelaktivierung gefordert. „Stabis sind wichtig und die Spieler wissen das. Sie müssen was tun für den Rücken und den Bauch.“ Donnerstags geht es anders zur Sache, dann steht die Ausdauerkomponente im Fokus. Der vier Stationen umfassende Aktivierungsparcours wird mit Tempo absolviert. Kleine Sprünge, kurze Schritt auch zur Seite, Antritte zum Sprint und Steigerungsläufe zum Beispiel stehen an. Und belasten gezielt Fußgelenk und Adduktoren. „Die- se Bewegungen bereiten vor, was in Spielformen praktiziert werden muss“, sagt Seferovic.
Zur laufenden Serie werteten die Teamverantwortlichen die erste Oberligaspielzeit aus. Und mussten feststellen, dass zu viele Akteure Probleme mit der „hinteren Muskelkette“ hatten und über Oberschenkelblessuren klagten. „Darauf haben wir reagiert und das Athletiktraining verändert“, sagt Seferovic. Das Resultat ist messbar. „Wir haben in dieser Saison kaum noch Probleme dieser Art festgestellt.“ Und dies auch: Im Vorjahr gab der FCG zu viele Spiele spät ab – die inzwischen auch und gerade durchs Athletiktraining erreichte „Fußball-Kondition“ lässt das alte Manko Vergangenheit sein. „Wir feiern ja auch echte Arbeits- siege“, freut sich Seferovic selbstverständlich mit. Er sagt, dass Einsicht und Bereitschaft der Aktiven zugenommen haben, auch die womöglich zunächst undankbar scheinenden Einheiten durchzuziehen. „Die Eigenverantwortung hat sich stark entwickelt. Die Jungs haben sich enorm sensibilisiert und kümmern sich auch um Themen wie Ernährung und Schlaf.“
Routinier Manuel Beyer (33), der einzige Feldspieler ohne eine einzige Fehl-Sekunde, wertet: „Allan macht einen Super-Job. Er hat eine enorme Entwicklung genommen, seine Arbeit ist ein wichtiger präventiverer Part für alle. Er wird super angenommen und zu einhundert Prozent akzeptiert.“ Dass einige Spieler noch an Spieltagen „ganz von alleine“ passende Seferovic-Übungen durch- ziehen, sei ein klarer Beleg dafür, „dass die den Jungs guttun!“
Foto: Markus Paletta