von Thomas Austermann
Hundert Oberligaspiele führt jetzt die Vita dieses Kickers auf. Bei dem muss es sich also um einen ziemlichen Routinier halten. Denkste! Der FCG-Neue Gentrit Muja (Foto, rechts) ist gerade einmal 22 Jahre alt. Weil der ehrgeizige Sassenberger nach seinem Sprung in den Seniorenbereich fußballerisch ebenso direkt durchgestartet ist wie er nach dem in Warendorf erlangen Abi sofort ein Studium aufnahm, beeindruckt die Statistik auf den ersten Blick. Zugeflogen ist ihm das alles nicht – Muja hat sehr viel investiert und nur deshalb steht er da, wo er jetzt steht.
Der in Steinfurt büffelnde FH-Student für Wirtschaftsingenieurwesen und Gebäudetechnik ist derzeit als Werkstudent für 20 Wochen- stunden in einem Planungsbüro in Münster tätig und kniet sich in die Bereiche Heizung-, Lüftung- und Sanitärtechnik rein. Großbauprojekte entstehen hieraus irgendwann und Muja „lernt jeden Tag hinzu.“ Zwei Klausuren muss er noch schreiben, dann steht die Bachelorarbeit auf der To-do-Liste. „Im Studium steht Mathematik oft im Mittelpunkt. Da muss man fleißig sein und immer am Ball bleiben“, sagt er.
Sein sechs Jahre älterer Bruder Nazim, der in Telgte lebt und als Ingenieur arbeitet, war und ist ihm immer eine Hilfe. Seite an Seite erlebten sie im Oktober 2022 eine nette Episode. Nazim war als Mittelfeldspieler des Fußball-A-Kreisligisten SC Füchtorf ein Traumtor geglückt, das Video da- von schickte er nach gutem Zureden von Mitspielern und der Familie zum ZDF. Als Bewerbung fürs Mitmachen beim legendären Torwandschießen im Sportstudio. Gentrit war live dabei, als Nazim drei Treffer gelangen im Duell mit Borussia Dortmunds Nico Schlotterbeck. Das 3:0 verblüffte den Profi und das Publikum. Hinter den Kulissen blieb noch Zeit für einen Plausch. „Das war sehr nett“, erinnert sich der Neu-Gievenbecker.
Im „echten“ Fußball-Zirkus war Gentrit Muja für Heimatclub VfL Sassenberg, für RW Ahlen und Preußen Münster (bis zur U 15) unterwegs, dann wieder für Ahlen. Bis ihn ein übler Beckenknochenbruch erst einmal aus der Bahn warf. „Da war ich noch ein kleiner Knirps, als es mich richtig erwischt hat.“ Beim SC Wiederbrück fand der A-Junior wieder Anschluss und noch viel mehr. Er trainierte auch bei der Ersten mit. Während der Pandemie-Jahre aber wurden die U-19-Serien ebenso wenig durchgezogen wie ihm als Youngster eine länger Trainingschance „oben“ erlaubt war. Der Oberliga-Club TSV Victoria Clarholz holte Muja in den Seniorenbereich und Coach Christopher Hankemeier, der als Dauerbrenner erst vor der aktuellen Serie seinen Platz räumen musste, vertraute dem flexiblen jungen Mann sofort.
In drei Oberligajahren hat Muja kaum ein Spiel verpasst. „Die Hälfte aller Spiele hab‘ ich rechts in der Abwehrkette gespielt, die andere rechts vorne. Oder auch mal links offensiv.“ Der Sprung in diese Klasse, „in der es ja etwas härter zugeht“, gelang ihm ohne große Anlaufprobleme. Der enorm beständige Spieler, der in Extraschichten stets viel für seine Fitness tut, war immer gesetzt. 2693 Spielminuten sammelte er zuletzt und rangierte damit unter den Topspielern der gesamten Klasse. Anfang April, als Clarholz in Gievenbeck 0:0 spielte, fehlte er ausnahmsweise. Wegen einer Gelb-Sperre. Er hätte bei der Victoria bleiben können nach einem „für Clarholz sehr anstrengenden Jahr“ (Muja), aber ihm stand der Sinn nach einer neuen Herausforderung inklusive neuer Anstrengung.
Der FCG wusste das zeitig und lud den agilen Rechtsfuß zum Gespräch. „Wir haben uns öfter getroffen und ich hatte schnell ein gutes Gefühl, weil es sehr sympathische Kontakte waren. Alle haben es mir leicht gemacht, hier reinzufinden.“ Sportchef Carsten Becker sagte: „Trotz seines noch jungen Alters hat er schon eine Menge Erfahrung und in drei Spielzeiten auf Oberliga- Niveau so einiges erlebt. Wir sehen perfekte Voraussetzungen für einen längerfristigen Verbleib bei uns, weil er totale Motivation auf seine kommende Aufgabe versprüht.“
Seine neuen Trainer sehen Muja „als schnellen, laufstarken und körperlich robusten Flügelspieler“, urteilten Torsten Maas und Steffen Büchter. Kein Zufall, dass Muja bisher alle vier Liga- Partien durchspielen durfte unlängst im Heimspiel gegen Wiemelhausen erst rechts verteidigte, ehe er vorne auftauchte und prompt ein Tor machte. „Ich bin als Offensiver geholt worden“, hat Muja das dafür notwendige Gen eh in sich. Wenn es aber verlangt wird, schuftet er eben hinten. So schnell lässt er sich jedenfalls da nicht verladen.
#AUSPURERFREUDEAMSPIEL