von Thomas Austermann
In der Winterpause war kaum ein Zweiter aus dem FCG so präsent wie er. Carsten Becker hatte gut zu tun. „Das mag so gewirkt haben. Es gab was zu erledigen“, sagt der 50-jährige Sportliche Leiter mit Sitz und Stimme im Vorstand. Einer wie er ist in den wichtigen Saisonphasen als Entscheider gefordert – und im Winter werden Weichen gestellt. In Trainer- wie in Spielerfragen. Strukturell wie personell. Gemäß der Stellenbeschreibung oblag es „CB“ alleine zum Beispiel, mit Cheftrainer Florian Reckels zu sprechen. Mit dem Ziel, dessen Bleiben zu sichern. „Uns und ihm war längst klar, dass es weitergehen soll.“
Weil Becker seit Antritt im Mai 2019, damals in der Oberliga-Abstiegssaison, oft am Platz ist und nahe dran an den Protagonisten, bekommt er mit, woher der Wind weht und welche Grundstimmung vorherrscht. Becker ist als purer Ehrenamtlicher unterwegs – das Engagement ist eben eine Art Ehrensache. Er fängt auch gar nicht damit an, die Stunden, die er investiert, zu zählen oder gegenzurechnen. An Auslagen rechnet er allenfalls mal das ab, was bei Gesprächen mit jenen Spielern, die vielleicht FCG-Kicker werden sollen, im Cafe beim Bäcker auf den Tisch kommt. Kaffee & Kuchen. Kleinigkeiten. Ans Eingemachte geht es, wenn Zahlen ausgetauscht werden. Zumal der Club nach zweimaligem Ausfall der Stadtmeisterschaften eine früher übliche und hart erarbeitete Einnahme nicht hat, bewegt sich Becker in klaren finanziellen Rahmenbedingungen. Für den Etat der Ersten ist er verantwortlich – und steht auch gerade dafür, dass der Plan aufgeht mit all den vielen Positionen. „Sorgen haben wir keine, aber wir müssen in diesen Zeiten eben auch Mittelwege finden“, sagt er. Und lobt die Spieler: „Die haben Verzicht geübt, als die letzte Saison abgebrochen wurde, und uns sehr geholfen.“ Wenn Becker sich mit Kandidaten trifft und die Zukunft bespricht, dann „kann es sein, dass sich vieles ums Geld dreht. Ich spreche dann gerne davon, was wir hier an Struktur und Vereinsleben zu bieten haben.“ Seine langjährige Erfahrung hilft ihm sehr, zu einer Einschätzung zu kommen. „Zwei oder dreimal kam ich zu dem Entschluss, dass das keinen Sinn macht, die Gespräche zu vertiefen.“
Der seit 1997 in Münster heimische und seit 2006 mit Frau Silvia und den beiden Söhnen Torben und Sören in Gievenbeck lebende Becker hat schon immer viel gearbeitet – mit Ausnahme eines Jahres auch während der Fußballerkarriere. In Kassel wurde er zum Heizungsbauer, später in Münster zum Vermessungstechniker. Im Hessischen hat bis 1991 für die SG Dillich/Nassenerfurth/ Trockenerfurth, kurz „SG Di/Na/Tro“, gespielt, dann für die Löwen des KSV Hessen in sechs Jahren 181 Einsätzen in der Ober- und Regionalliga absolviert und 46 Treffer erzielt. Ex-Löwen-Coach Werner Moors lockte den Flügelflitzer zum SC Preußen Münster. Zwar hießen die Spielklassen auch damals Regionalliga, aber sie waren die dritthöchste Liga-Ebene. Bis 2003 kam Becker auf rund 130 SCP-Spiele und erwarb sich den Ruf eines unverzagten Allrounders, der nahezu jede Position besetzen konnte. Egal, unter welchem Trainer. „Als ich damals nach Münster kam dachte ich, dass es nach meiner Lehre wieder heimwärts gehen würde“, sagt Becker. Er blieb, auch der Liebe wegen. Er spielte noch in Davensberg, trainierte den TuSAltenberge fünf Jahre lang und den VfL Wolbeck deutlich kürzer. Von Mai 2012 bis Mai 2019 war „Beckerchen“, wie er sich selbst gelegentlich mit er ihm typischen Prise Humor nennt, als Spieler-Papa und -Fahrer sowie als helfende Hand bei FCG-Juniorenteams, in denen die Sohnemänner spielten, aktiv. Bis er eines Tages von einer Spieler- Mama gefragt wurde, ob er nicht mehr machen möchte. „Die Idee, der Nachfolger von Stephan Zurfähr zu werden, ging bis hoch in den Vorstand.“ Clubchef Jörg Rüsing und Mitstreiter nahmen sie gerne auf. „Was ich denn genau machen soll, hab‘ ich gefragt“, erinnert sich Becker. Und bekam eine Liste mit Namen jener Kicker, die er mal kontaktieren möge.
Nicht allein das Wohl der Ersten liegt in seiner Zuständigkeit – die FCG-Frauen hat er ebenso im Blick wie die Zweite und die U-19-Junioren. Deren Heimspiele sieht er und macht sich sein Bild. „Die Elf der Altjahrgänge ist und bleibt immer ein wichtiges Thema bei uns – und nicht nur sie.“ Becker trägt das Vereins-Credo längst in sich. „Wir wollen viele Gievenbecker bei uns am Ball sehen, wenn sie Senioren werden. Nicht allein in der Ersten.“ Aus seinen Zeiten bei der „SG Di/Na/Tro“ weiß er, wie wichtig die umfassende Basisarbeit ist. „Wir haben den Status als Stadtteilclub und wollen dem unbedingt gerecht werden.“
#AUSPURERFREUDEAMSPIEL