49er Story: Esch

49er Story: Esch

Die Erste 12.05.2022

Im elften Jahr die zuverlässige Nummer 1 der Ersten

Von Thomas Austermann

Mit dem italienischen Torwart Gianluca Pagliuca, Jahrgang 1966, hatte der junge Nico Eschhaus, Jahrgang 1991, wenig am Hut. Nur ein Trikot mit der Nummer 1 und dem Namen des über den Stiefelstaat hinaus zur Berühmtheit gelangten 1,90-m-Hünen drauf, das trug der Juniorenspieler des SC Münster 08. „Das Teil hat mein Vater Winfried im Campingurlaub in der Toskana am Strand gekauft“, erinnert sich Eschhaus noch. „Mir ging es nur um ein Torwarttrikot, auf dem eine Nummer 1 prangte.“ Zu Nullachtzeiten hatte er jedenfalls seinen Spitznamen weg. Im Training trug er das nachgemachte Shirt mit Stolz. Zum Torwartknirps machte ihn beim Kanalclub sein Jugendtrainer Helmut „Spury“ Wellermann, aber zu einer ersten Juniorentruppe gehörte Eschhaus erst als A-Jugendlicher. Er schaffte es, erwachsen geworden, bis in die Landesliga-Elf und wetteiferte mit Julian Wiedenhöft um die Position.

Mitte 2011 verließ er „seinen“ Verein und „lernte eine andere Welt kennen“, wie es ihm seinerzeit vorkam. Gievenbecks Trainer Maik Weßels ließ über seinen Kicker Jonas Dirksen den Kontakt knüpfen. Es kam zum Treffen. Eschhaus fand das „sehr aufregend. Ich war 19, mir wurde eine Perspektive in der Westfalenliga aufgezeigt.“ Ein zweites FCG-Plus: Torwarttrainer Sven Martin. Eschhaus sagte zu – und stand im letzten Heimspiel gegen Rödinghausens Zweite in seinem 295. Pflichtspiel einer FCG-Ersten im Kasten. In der elften Saison am Stück ist er als treue Seele nach wie vor die unumstrittene Nummer 1. Im Dress mit dem richtigen Namen drauf. Der extrem reaktionsschnelle Schlussmann mit den vielen Paraden auf der Linie bringt ungebrochenen Ehrgeiz ein, fußballerisches Vermögen und Trainingsdisziplin. Egal ist Eschhaus nichts, in keinem Spiel. Trainer wie Weßels, Bennie Heeke und Florian Reckels wussten und wissen das zu schätzen, so unterschiedlich auch deren Auffassungen vom Torwartspiel sein mögen. War Eschhaus unter Heeke oft hoch aufgestellt auch als erster Aufbauspieler gefragt, der den Diagonalball schlagen soll, passiert das in dieser Serie hinter der Dreierabwehr seltener.

Wer auch immer als zweiter oder dritter Keeper in den Sportpark kam, musste mit eben dieser Roll zufrieden sein. Und das waren einige. „Im ersten Jahr kam ich nur ins Tor, als Damian Hallas verletzt pausierte. Ich hab‘ ein paar Spiele gemacht, musste dann aber dem Etablierten wieder Platz machen“, erzählt „Esch“ von einer Ausnahme. „Damals kam ich nicht gut klar damit.“ Mit Hallas verstand er sich bestens – fast zu gut nach Trainermeinung. Weßels wollte echte Konkurrenten und schickte Hallas weg. In den Jahren danach musste sich Eschhaus mit ähnlichen internen Auseinandersetzungen nicht mehr befassen. Auch in den beiden Oberliga-Spielzeiten nicht, in denen der FCG auf Strecke gesehen sportlich nicht mithalten konnte. Eschhaus, als selbstständiger Agenturpartner der Allianz-Vertretung Winter in Münster beruflich voll gefordert, hat selten bis gar nicht mit einem neuen Club geliebäugelt, auch wenn es mal Anfragen gab. Für ihn zählt sehr viel, mit Freunden am Ball sein zu können. Zu Nils Heubrock, Christian Keil, Daniel Geisler, Manuel Beyer und „Michi“ Fromme hat er seit Jahren besten Kontakt- nicht nur am FCG-Platz. „Aus dem Miteinander entwickelte sich mit der Zeit richtig was. Wir treffen uns, wir quatschen, wir haben Spaß und vertrauen uns. Das zählt in allererster Linie.“

In all der Zeit hat er zig Erfahrungen gesammelt und Typen kennengelernt. „Zu vielen steht der Draht immer noch – das macht doch den Sport aus!“ Jüngstes Beispiel: Vor ein paar Wochen besuchte er im niederländischen Eindhoven beim Spiel in der Europa Conference League zwischen PSV und Leicester den früheren FCG-Co-Trainer Jens Wissing, der in Eindhoven Chefcoach Roger Schmidt assistiert. Ein Ausflug in die große Fußballwelt. In der münsterischen solchen bleibt Eschhaus sich und dem FCG treu für, mindestens, die folgende und also zwölfte Serie. Er ist mit der Zeit ruhiger geworden, gelassener und vorausschauender. Vor zwei Jahren war er mit sich und seinem Fitnesslevel unzufrieden. „Tatsächlich werde auch ich älter“, denkt er heute mit einem Lächeln zurück. Eschhaus verschrieb sich konsequent individuellen Einheiten bei Experten, ließ sich in punkto Ernährung beraten und verlor einige Kilos. „Man braucht mehr als das reine Torwarttraining, wo es viel um Schnellkraft geht.“ Dieser Pflicht zur Pflege des eigenen Körpers stellt er sich seither.

Auch wenn der Sympathisant des FC Bayern mit dem erwähnten Italiener Pagliuca wirklich wenig am Hut hatte, darf man erwähnen, dass der Dauerbrenner in der Serie-A auf 592 Einsätze kam. Um eine ähnliche Marke auf seiner Ebene zu erreichen, muss Eschhaus noch öfter verlängern beim FCG.

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