Von Thomas Austermann
In dem so wichtigen Spiel drehte Janes Niehoff (Foto) wieder auf für den FCG. Am 21. Mai 2023, beim 3:0 über Ennepetal, war er ein Schwungrad. Links vorne wie so oft. Der umjubelte Dreier sicherte seinerzeit dem Team den Oberliga-Erhalt. Niehoff nahm beim Foto der Strahlemänner in der Mitte vor Torwart Nico Eschhaus Platz. Szenen, die man nicht vergisst.
Beim Saisonkehraus in Paderborn kam Niehoff noch in den vier Schlussminuten zum Einsatz. Geplant war das nicht und schon mal gar nicht, dass dieser Kurzeinsatz der letzte für den Mann mit der Trikotnummer 77 sein sollte. Denn der immer wieder von folgenschweren Verletzungen unterschiedlicher Art getroffene 26 Jahre alte BWL-Student kam in der laufenden Spielzeit gar nicht mehr an den Ball. Eine Schambeinentzündung, widerlich hartnäckig, setzte ihm über Monate zu. Noch bevor die Verantwortlichen so richtig begriffen, was Sache ist, hatte Niehoff intern erklärt, aufhören zu wollen und zu müssen. Oder andersherum.
„Ich hatte ein klärendes Gespräch und hab‘ mich da als nicht sehr optimistisch gezeigt, was meine Einsatzmöglichkeiten angeht. Eigentlich wollte ich ja noch ein paar Spiele machen. Aber es macht keinen Sinn, das noch erzwingen zu wollen“, sagt Niehoff. „Selbst wenn ich langsam jogge, kommen die Schmerzen. Ich hab‘ einiges ausprobiert, um die Geschichte in den Griff zu kriegen. Fitnessübungen, Ernährungsumstellung, Medikamenteneinnahme über sechs Wochen.“ Eine Quälerei. „Ich habe dann beschlossen, dass ich mein Leben nicht derart umstellen will, dass ich vielleicht nochmal fit werden kann. Ich bin nicht der Typ, der dafür alles tun würde. Es gibt ein Dasein neben dem Platz.“
Nachdem er für sich selbst Klarheit hatte, „kann ich sagen, dass ich voll dahinter stehe, diesen Schlussstrich gezogen zu haben. Ich bin mit mir im Reinen.“ Der gelernte Marketing- und Kommunikationskaufmann steht an der Uni vor dem Bachelor-Abschluss und jobbt nebenbei bei der LVM-Versicherung. Sein beruflicher Plan sieht vor, „eine Stelle mit Fokus aufs Marketing“ zu suchen. Wenn er wieder fitter werden sollte, käme ein Hobby als Freizeitfußballer mit jenen Freunden in Betracht, die bei B-Ligist IKSV Münster auf der Sentruper Höhe kicken. „Eine coole Truppe ist da am Ball.“
Zum FCG kam Niehoff im Jahr 2006. „Von klein auf war das mein Verein“. Als Spätentwickler beschreibt er sich: „Ich war oft der Kurze.“ Die Preußen lockten auch ihn. In der U-17-Serie 2013/14 kam er auf 14 Einsätze in der Junioren-Bundesliga unter Coach Henning Timpe. Mitspieler waren Leon Gensicke, Jannik Balz, Nils Burchardt oder Henry Hupe. „Zu der Zeit trat ich noch ohne Selbstbewusstsein auf“, erinnert sich Niehoff. Und ging zurück nach Gievenbeck. „Das war der beste Schritt überhaupt.“ Über die U 19 und die Zweite ging es hoch in die Erste zu Trainer Benni Heeke.
Der technisch so überaus beschlagene Niehoff war „begnadet am Ball“, wie Christian Keil als langjähriger Mitspieler wertet. „Er schuf Momente, die eine Augenweide waren und sorgte, wenn er verfügbar war, immer für einen Mehrwert im Team.“ Keil verstand sich auf dem Platz „sozusagen blind“ mit dem Mitspieler, der das Gefühl für den richtigen Moment in Zuspiele goss. „In der Kabine war Janes eher still, immer tiefgründig, immer positiv und für jede Aktion zu begeistern.“
Ex-Trainer Heeke hat sich all die Jahre über gewundert, „dass Janes sich das immer wieder antut und nach jedem Rückschlag einen neuen Versuch startete.“ Stets habe der sich „ohne Handbremse im Kopf rein gekloppt“, um das Comeback feiern zu können. „Und oft hat er wieder das Niveau erreicht. Was der drauf hat, merkten wir alle spätestens in der Oberliga. Da hat er quasi mal eben gezeigt, dass er auch da bestehen kann.“ Der „super angenehme Mensch“ sei auf dem Platz dank seiner spielerischen Extraklasse einer gewesen, „dem alle sehr gerne zugesehen haben.“Niehoff sieht sich in dieser Serie die FCG-Spiele an und empfindet das Niveau „echt professionell inzwischen. Da sind alle immer zu hundert Prozent gefordert. Ich gucke wirklich gerne und auch erstaunt zu, wie wir spielen und wen wir schlagen können.“ Etliche schöne Erinnerungen nimmt er mit. „Und das ist ein großer Wert für mich.“ Er erlebte „gute Typen“ und einen besten Zusammenhalt. „Esch ist wie ein großer Bruder geworden. Mit Manu Beyer, Heubrock, Keili, Geisler und Mici Mende verbindet mich echt viel. Wir hatten richtig Spaß.“
Den wiederzufinden, wo auch immer, sei ihm an dieser Stelle gewünscht.
Foto: Markus Paletta