von Thomas Austermann
Das 21. Saisonspiel hat Miclas Mende absolviert und damit endet für den FCG seine Zeit bei diesem Club, für den er schon als Fünfjähriger kickte. Weil Keeper Nico Eschhaus einmal aussetzte, avanciert der 25 Jahre Innenverteidiger in dieser Serie zum Spielminutenkönig des gesamten Oberligakaders. Der Linksfuß ist immer da und immer mittendrin. Natürlich ist das kein Zufall, sondern Ausdruck einer permanent zuverlässigen Leistung.
Den Rekord wird er nicht halten. Mende hat die Koffer noch nicht gepackt („Das geht bei mir immer auf den letzten Drücker“), aber seine nächste Station ist klar. Zur Fortsetzung des Studiums geht es nach Hamburg. Der Masterstudiengang „Digital Reality“ an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW Hamburg) spricht Mende an. Zwei Jahre dauert das neue Büffeln.
Mendes Plan A, nach seinem Bachelor im Studiengang „Mensch- Technik-Interaktion“ an der (Fach-) Hochschule Ruhr West in Südkorea weiterzumachen, ließ sich nicht sinnvoll verwirklichen. Der Kontakt zu einem Alumni brachte die Erkenntnis, dass „Masterstudenten in Seoul ihre Schwerpunkte eher in der Forschung haben“ statt in der weiteren Ausbildung. „Für mich ist das Konzept also eher nicht geeignet. Es hat keinen Sinn, es unbedingt durchzuziehen, wenn es nicht passt. Auch wenn es schade ist.“ Der Wechsel wäre auch finanziell herausfordernd gewesen. Fünfstellige Studiengebühren kommen drauf zu dem, was für Wohnen und Leben berappt werden müsste.
Mit der Entscheidung für Hamburg ist der Weg in die nächste Lebensphase gefunden. Im April geht es los. Eine Bleibe muss und wird sich finden. „Aber das scheint noch schwerer zu sein als in Münster.“ Verwandtschaftliche Hilfe stünde parat für den Übergang. Dass Mende an der Alster irgendwann wieder die Fußballschuhe schnürt, ist wahrscheinlich. „Ich habe ein paar Vereine angeschrieben und erste Rückmeldungen bekommen. Ich habe keine Eile, ich will erst einmal ankommen.“
Ein nächster Verein wäre erst der dritte seiner Karriere, denn außer Spielzeiten in U-Mannschaften des SC Preußen gab es seit 2004 nur den FCG. „Ich kann ja einschätzen, wie wichtig allein fürs Soziale solche Kontakte sind, die man über den Sport bekommt. Gerade das kann sehr helfen in einer neuen Stadt.“ Trainer Bennie Heeke zog den jungen Mende 2018/19 aus der damaligen U 23 des FCG in die Erste hoch. Zu den 42 Westfalenligaspielen kamen 71 Oberligapartien hinzu. Der insgesamt 118. Einsatz für eine FCG-Erste setzt den Schlusspunkt. Intern verabschieden wird sich der Treue selbstverständlich. Ohne großen Wirbel. „Der emotionalste Typ bin ich ja eher nicht. Dass auch mir so ein Abschied schwerfällt, ist aber klar.“
Trainer und Mitspieler wussten den Kicker und Menschen Mende so zu schätzen und zu akzeptieren, wie er ist. Ob linker Innenverteidiger oder linker Mann in der Dreierkette, seine Positionsdisziplin, seine Konsequenz in der Zweitkampfführung, das hohe Konzentrationsvermögen und die Ruhe beim Spielaufbau machen Mende zum Leistungsträger. Der abgeklärt Agierende muss nicht wild nach vorne preschen, er muss zum richtigen Zeitpunkt auf Zack und eher am Ball sein als der Gegenspieler. Eine beispielhafte Fairness zeichnete ihn immer aus. Mende holzt niemanden um.
Positionspartner Niklas Beil schätzt „den feinen Kerl“ überaus. „Im Spiel kann ich mich immer darauf verlassen, dass er mich absichert, wenn ich mal rausrücke. Er hält mir den Rücken frei. Er hat eine Ruhe am Ball, an der ich mir ein Beispiel nehmen kann.“ Auch in der Kabine sei Mende wichtig. „Mit seiner entspannten und manchmal etwa verpeilten Art passt er super ins Mannschaftsgefüge!“
Den sportlich ambitionierten Ansatz seines Vereins hat Mende immer geschätzt. Das Klima leide dabei nicht unter den Ansprüchen. Mannschaftssport ist für ihn auch „der Spaß in der Gruppe“ und das schöne Gefühl, „zusammen Erfolge zu feiern.“ 2023 sagte er uns einmal dies: „Dass ich mich hier im FCG nie verstecken oder verstellen muss, ist ganz klar ein Kompliment an Mannschaft, Trainer, Umfeld.“ Dass er die Elf verlässt, dürfte sie verkraften. Seiner Ansicht nach. „Wir sind voll im Soll.“ Der zweite defensiv eingesetzte Linksfuß fehlt nach OP am linken Sprunggelenk bekanntlich in der Restserie. Mende sagt: „Es kommt die Zeit der Chancen für die jungen Spieler. Der Leo Scheipers scharrt ja schon mit den Hufen...“
Foto: Sportfotografie.ms